Gliome stellen hirneigene Tumoren dar, die durch eine schlechte Prognose charakterisiert sind. Um diese zu verbessern, muss während der Operation eine größtmögliche, sichere neurochirurgische Tumorentfernung erfolgen. Besonders bei den langsam wachsenden niedriggradigen Gliomen ist es aber oft sehr schwer, das erkrankte vom gesunden Gewebe zu unterscheiden. In einem Kooperationsprojekt der MedUni Wien, der University of California in San Francisco und der Dartmouth-Hitchcock Universitätsklinik (beide USA) wurde nun ein Verfahren getestet, das niedriggradige Gliome sichtbar machen soll. Dabei wurde eine innovative Sonde gemeinsam mit dem Fluoreszenzmarker 5-ALA während der Operation eingesetzt. Maßgeblich an der Kooperation beteiligt war der 5-ALA Fluoreszenz Spezialist Georg Widhalm, Universitätsklinik für Neurochirurgie und Mitglied des Comprehensive Cancer Centers der MedUni Wien/AKH Wien.
In Österreich erkranken rund 450 Personen pro Jahr an einem Gliom. Um während der Operation von schnell wachsenden Gliomen (Glioblastome) das erkrankte Gewebe vom gesunden unterscheiden zu können, wird der Fluoreszenzmarker 5-ALA, der sich im Tumorgewebe anreichert, heutzutage routinemäßig eingesetzt. Im Zuge der OP kommt ein spezielles Operationsmikroskop zum Einsatz, das Blaulicht aussendet und den Hirntumor dadurch rot zum Leuchten bringt. Damit weiß der/die OperateurIn genau, welche Teile des Gehirns erkrankt sind und somit kann der Tumor besser entfernt werden.
Normalerweise können die langsam wachsenden niedriggradigen Gliome durch die 5-ALA Fluoreszenzmethode während der Operation nicht erkannt werden. An der Dartmouth-Hitchcock Universitätsklinik wurde nun eine spezielle Sonde entwickelt, die während der Operation in der Lage ist, die 5-ALA Fluoreszenzkonzentration zu messen. In den USA wurde an der University of California, San Francisco dieses innovative Verfahren nun erstmals in einer größeren Patientenkohorte mit niedriggradigen Gliomen eingesetzt.
„Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend“ meint der CCC-Experte Georg Widhalm, der als international anerkannter Spezialist für 5-ALA Fluoreszenz an der Studie maßgeblich beteiligt war. Widhalm weiter: „Es besteht somit die Hoffnung, dass durch dieses innovative Verfahren auch die primär nicht fluoreszierenden niedriggradigen Gliome während der Operation präziser erkannt und somit in Zukunft auch vollständiger entfernt werden können. Dadurch ist eine Verbesserung der Prognose dieser PatientInnen zu erwarten.“ Das neue Verfahren könnte somit eine zusätzliche Hilfe für die NeurochirurgInnen sein, um bei niedriggradigen Gliomen Tumorgewebe vom gesunden Gehirn besser zu unterscheiden.“
Für die vorliegende Studie wurden rund 40 PatientInnen an der University of California, San Francisco operiert. Nach der Entwicklung der Sonde an der Dartmouth-Hitchcock Universitätsklinik (David W. Roberts), wurde der Neurochirurg Georg Widhalm auf Grund seiner Expertise auf dem Gebiet der 5-ALA Fluoreszenz eingeladen, diese Studie gemeinsam mit dem Leiter der Neurochirurgischen Abteilung der University of California, San Francisco, Mitchel S. Berger, durchzuführen. Widhalm: „Das Comprehensive Cancer Center der MedUni Wien/AKH Wien verfügt gerade im Bereich dieses Verfahren über eine international einzigartige Expertise: mit über 1.000 5-ALA Fluoreszenz gestützten Operationen seit der Einführung sind wir weltweit eines der führenden Zentren.“ In Europa ist 5-ALA in der Neurochirurgie seit 2007 zugelassen. In den USA ist das Verfahren seit Sommer 2017 zugelassen – die Daten der MedUni Wien trugen entscheidend dazu bei, dass die FDA (amerikanische Behörde für die Zulassung von Lebens- und Arzneimitteln) 5-ALA für den Einsatz in der Neurochirurgie auch in den USA zugelassen hat. Georg Widhalm war als internationaler Experte daran maßgeblich beteiligt.
Die ersten Ergebnisse der Untersuchung wurden heuer im Rahmen des Meetings der Society of Neuro-Oncology (SNO) präsentiert. Die Konferenz, die zu den weltweit größten Kongressen für Neuroonkologie zählt, fand von 16. bis 19. November in San Francisco statt.